Mit Social Media die Demokratie stärken
Die Sozialen Medien sind zu einem wichtigen Kommunikationsmittel für politische Institutionen geworden. Mit der gemeinsamfuer.eu Community ist es dem EU-Parlament gelungen, eine Community aufzubauen, die sich dafür engagiert, ein Bewusstsein für die EU zu schaffen. Die Sozialen Medien spielten in diesem Prozess eine wichtige Rolle. In der diesjährigen Session beim Z2X21-Festival zeigte Jill Knöper vom EU-Parlament gemeinsam mit dem Social Media Experten Sven Saekert und der Ehrenamtlichen Nora Carstensen den Teilnehmenden, wie die Sozialen Medien als politische Bühne genutzt werden können.
Die Mehrheit der Teilnehmenden dieser Session ist täglich mit politischen Inhalten auf Social Media konfrontiert. Das entging einer Blitzumfrage, die Jill Knöper zu Beginn des Workshops erstellte.
Das ist nicht überraschend, wie Sven Saekert später sagte: „Wir sind eine redaktionelle Gesellschaft, da jeder von uns Informationen in den sozialen Medien posten kann und somit zum Sender wird.“ Dadurch entstehe auch eine große Verantwortung für jeden aktiven Nutzer. Konkret für rund 66 Millionen Menschen in Deutschland, die das Internet nutzen, erklärte Sven Saekert und präsentierte weitere Statistiken zur Nutzung der sozialen Netzwerke. Hier führe der Nachrichtendienst WhatsApp die Rangliste an, gefolgt von YouTube und Facebook. Während die Nutzung von Facebook eher im Rückgang sei, seien TikTok und Instagram stark im Kommen, besonders bei der Gruppe der 14- bis 29-Jährigen.
All diese Plattformen haben laut Sven Saekert etwas gemeinsam: Sie kämpfen um unsere Aufmerksamkeit. „Wir werden ständig bespaßt und mit neuen Informationen versorgt“, sagte Sven Saekert. Dabei würden die Algorithmen der sozialen Netzwerke dafür sorgen, dass dem Nutzer häufiger emotionale Inhalte gezeigt werden, politische Informationen gehen schnell unter.
Nichtsdestotrotz würden viele Politiker:innen, Influencer:innen und Aktivist:innen die Plattformen nutzen, um für ihre Interessen zu werben. Wie etwa Alexandria Ocasio-Cortez, die ihren Aufruf zur US-Wahl mit einem Schminktutorial auf YouTube verknüpfte. Besonders im Wahlkampf werden die sozialen Medien stark eingesetzt: Der US-Wahlkampf 2008, Obama gegen McCain, habe eine neue Ära eingeläutet, da sehr stark über die sozialen Medien kommuniziert wurde. Diese Aktivitäten werfen jedoch eine kontroverse Debatte auf, sagte Sven Saekert: Können soziale Netzwerke ein systematisches Risiko für die Demokratie sein?
„Gerade deswegen ist es wichtig, dass wir die Demokratie durch Social Media gestalten und stärken“, so Sven Saekert. Doch wie gelingt eine erfolgreiche, strategische Arbeit mit Social Media? „Dieser Workshop ist ein Rezept mit ganz vielen Zutaten“, sagte Sven Saekert zu Beginn seiner Keynote und nannte einige wichtige Schritte, die zu einer erfolgreichen Social Media Kampagne dazugehören.
Der erste Schritt sei es, das WARUM zu finden. Nach dem Golden Circle Prinzip von Simon Sinek solle die Vision die Basis des Vorhabens sein. Später müssen die Zielgruppen und Kanäle, über die Informationen vertrieben werden, eingegrenzt werden. Ziele sollten nach dem SMART Prinzip angelegt werden: spezifisch, messbar, erreichbar, relevant und zeitgebunden (time-bounded). Ebenfalls helfe ein genauer Redaktionsplan dabei, Inhalte und eventuelle Hashtags anlassgebunden zu strukturieren. „Die Arbeit mit politischen Inhalten ist nicht so leicht: es herrsche ein ständiger Kampf um Aufmerksamkeit. Zudem sind politische Informationen oft trocken und komplex. Es gibt eine enorme Bandbreite an Themen, die ständiger Veränderungen unterliegen“, weiste Sven Saekert hin.
An dieser Stelle sollen sogenannte Verbindungsbüros helfen: Jill Knöper setzt sich dafür ein, eine Verbindung zwischen den EU-Institutionen und ihren Bürger:innen herzustellen, mit der eine europäische Öffentlichkeit ausreifen kann. Dazu wurde die Plattform gemeinsamfuer.eu erfolgreich aufgebaut, der laut Jill Knöper mittlerweile über 60.000 Menschen, davon 9.000 aus Deutschland, angehören. Sie wollen überparteilich informieren und erklären, warum es wichtig ist, sich in den politischen Diskurs einzubringen. Dafür ermöglichen die Verbindungsbüros verschiedene Aktionen online und offline, erzählte Jill Knöper: „Wir richten Trainings und Workshops aus, bieten Diskussionen mit Abgeordneten und Besuche an Schulen an. Sogar Kochabende haben wir schon veranstaltet.“
Unterstützt wird das Verbindungsbüro dabei von Ehrenamtlichen (Komma weg) wie Nora Carstensen. „Nach meinem Studium habe ich mich 2018 bei der Kampagne #diesmalwähleich engagiert“, erinnert sich Nora Carstensen. Damals sollten möglichst viele Menschen auf ihre Stimme für die Europawahlen aufmerksam gemacht werden. Nora Carstensen und ihr Team waren dafür besonders auf Instagram aktiv: „Wir sind durch Berlin gezogen und haben gefragt, warum und wofür die Menschen wählen gehen. Die Interviews haben wir auf Instagram gepostet.“ Auch wenn keine Wahl anstehe, sei es wichtig, das ganze Jahr über die EU in den Alltag einzubringen: „Wir leben jeden Tag in der EU und nicht nur dann, wenn die Wahlen anstehen“, sagt Nora Carstensen.
Abschließend konnten Teilnehmenden der Session noch ihre Fragen an die Experten loswerden. Ein Teilnehmender erzählte von einem geplanten Festival, dass abgesagt werden musste. Die Veranstalter konnten ihre Reichweite in den sozialen Medien nicht ausbauen und somit nicht ausreichend Tickets verkaufen. Eine weitere Frage kam von den Gründerinnen eines paneuropäischen Magazins. Ihr Ziel ist es, Autor:innen und Leser:innen hinzuzugewinnen und ein europäisches Netzwerk aufzubauen.
Zu beiden Fragen stellte Jill Knöper ein Beispiel aus der Praxis vor: „Wir vom EU-Parlament unterstützen die Ehrenamtlichen mit unserer Reichweite in den Sozialen Medien und versuchen so neue Zielgruppen zu erschließen: das machen wir viel durch Netzwerkarbeit oder wir kooperieren mit anderen Institutionen. Oft posten die Ehrenamtlichen auch selbst auf ihren eigenen Social Media Kanälen.“ Das habe einen kleinen Schneeballeffekt: Menschen werden als Multiplikator:innen genutzt, um neue Mitglieder für die gemeinsamfuer.eu Community zu gewinnen.
Zum Abschluss der Session teilte Jill Knöper die Ergebnisse der Umfrage, die zu Beginn gestartet wurde. Rund 61% der Teilnehmenden sagten, dass sie Inhalte mit politischen Themen in ihren sozialen Medien posten. Ein kleiner Prozentsatz gab an, dass sie es bisher noch nicht getan haben, aber aktiver werden wollen. Ein schönes Ergebnis, findet Nora Carstensen.
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