13. Sept. 2021

Gewinnen und soziale Projekte fördern

In Deutschland gibt es viele Projekte und Initiativen, die finanzielle Förderung brauchen. Doch nach welchen Kriterien wird das passende Hilfsprojekt ausgesucht? Das Social Start-up aidFIVE ist eine digitale Soziallotterie, die Geld an gemeinnützige Projekte ausschüttet. Welche soziale Herausforderung bedarf in Deutschland besonderer Aufmerksamkeit? Welche Zielgruppe sollte eine finanzielle Förderung erhalten? Diese Fragen haben Sarah Tegeler von aidFIVE und Daniel Kroll von der Deutschen Fernsehlotterie zusammen mit den Teilnehmenden diskutiert.


„Wenn Du zwei Millionen Euro zur Verfügung hättest, welche soziale Herausforderung würdest Du damit angehen? Wem sollte dieses Geld zugutekommen?“ Diese Frage stellt Sarah Tegeler, Social Impact Lead bei aidFIVE, den Teilnehmenden der Session beim Z2X-Festival, das in diesem Jahr digital stattfand. „Möglicherweise erinnert Ihr Euch an eine Zielgruppe, die in der Vergangenheit Hilfe gebraucht hat, aber damals kein Geld zur Verfügung war“, regt Sarah Tegeler zum Nachdenken an. Während die ersten Ideen der Teilnehmenden im Session-Chat auftauchen, erklärt Sarah Tegeler, wofür aidFIVE steht. aidFIVE entstand in einem Kreativprozess der Deutschen Fernsehlotterie. Die Soziallotterie soll innovative Hilfsprojekte unterstützen, die von der aidFIVE-Community ausgesucht wurden. Schon ein kleiner Spieleinsatz genügt, um Teil dieser Community zu werden. Jedes Mitglied darf seine Stimme für ein Projekt abgeben, das es als förderwürdig ansieht. Die finale Entscheidung trifft ein Beirat aus sieben Expert:innen aus der Wissenschaft und Gründerszene.

Ebenfalls mit dabei in der Session ist Daniel Kroll, der Pressesprecher der Deutschen Fernsehlotterie. Bereits 2018 hat er beim Z2X-Festival einen Workshop geleitet, aus dem die Grundidee für aidFIVE entstanden ist. Als Beispiel, welche Initiative eine Zielgruppe erreicht, nennt er im diesjährigen Workshop ein erfolgreiches Hilfsprojekt in Deutschland, das ihn begeistert: die Nummer gegen Kummer, bei der Kinder und Jugendliche anrufen können, die anonym Rat oder Hilfe suchen.

Derweil werden im Session-Chat Ideen weitere Ideen gesammelt, welche Menschen und Einrichtungen mehr Fördergelder zur Verfügung gestellt bekommen sollten.

Eine Teilnehmerin ist davon überzeugt, dass die meisten hilfsbedürftigen Zielgruppen schon im Visier von Unterstützern sind, darunter auch Hilfen für Menschen mit Behinderungen. Jedoch müsse die Unterstützung für diese Gruppe ausgeweitet werden. Im Alltag und im Job seien Gebäude größtenteils zugänglich, doch ein barrierefreier Urlaub oder Freizeitaktivitäten seien oft schwierig zu planen für Menschen mit Behinderungen. Sarah Tegeler erkennt die Notwendigkeit: „Wenn man selbst nicht betroffen ist, denkt man nicht sofort an das Thema barrierefreier Urlaub.“ Als Ergänzung zum barrierefreien Ausbau sollten auch Informationen, die den Ort und seine Begebenheiten beschreiben, hinzukommen, schlägt die Teilnehmerin vor. So seien etwa Auskünfte, ob es einen Schotterweg oder asphaltierte Wege gibt, die Rollstuhlfahrende überqueren müssen, um an ihr Ziel zu kommen, vorab hilfreich.

Eine weitere Idee, die ein Teilnehmer vom Philosophen Richard David Precht adaptierte, setzt zwei Zielgruppen in den Fokus: Jugendliche und Senior:innen, für die Begegnungsstätten auf regionaler Ebene geschaffen werden sollen. Ganz konkret sollen Rentner:innen ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvieren, das die Möglichkeit schaffe, beide Generationen zusammenzubringen. Ältere Menschen seien oft einsam oder auf sich allein gestellt, Jugendliche haben manchmal Probleme, sich zu sozialisieren. Werden beide Gruppen zusammengebracht, könne ein besseres Verständnis füreinander unter den Generationen entwickelt werden, so lautet die Idee des Teilnehmenden.

Nicht nur die Beiträge der Teilnehmer:innen in der Session, sondern auch die Ergebnisse der Umfrage, die Daniel Kroll zu Beginn der Session geteilt hat, zeigen eine Tendenz zu den Zielgruppen, die aidFIVE mit ihrer Förderung erreichen möchte: Kinder und Jugendliche sowie hilfsbedürftige Menschen. Trotz dieser Übereinstimmung erläuterte Sarah Tegeler, warum ihnen der Austausch mit der Community und den Z2X-Visionär:innen so wichtig ist: „Wir wollen erfahren, was wir in unserer Planung vergessen haben. Gleichzeitig wollen wir zeigen, welche Vision wir verfolgen und wie wir Projekte fördern möchten.“

Ab Oktober können sich Projekte über ein digitales Portal bewerben. Dabei müssen sie den gemeinnützigen Zwecken aus der Abgabenordnung folgen, die in ihrer Satzung genannt sind.

Darunter fallen etwa die Jugend- und Altenhilfe oder Initiativen, die sich an politisch oder religiös Verfolgte richten. Anschließend entscheide laut Sarah Tegeler die Community, welches Projekt förderwürdig sei: „So wird die Entscheidung nicht von oben herab getroffen. Außerdem wollen wir einen Überblick bekommen, welche Projekte und Initiativen den Menschen in Deutschland aktuell wichtig erscheinen.“

Die finale Entscheidung, welches Hilfsprojekt eine Förderung für bis zu zwei Jahre erhält, treffe anschließend ein siebenköpfiger Beirat. Dies hat zum Zweck, dass auch Projekte, die weniger Stimmen erhalten, da sie möglicherweise noch kein großes Netzwerk oder auf den ersten Blick kein ansprechendes Design haben, trotzdem die Chance bekommen, von der Jury bewertet zu werden.

An dieser Stelle kam aus der Runde der Teilnehmenden die Frage auf, wie dieser Prozess transparent gestaltet werden kann. Dies sei ihnen bei der Entscheidung besonders wichtig, erklärt Sarah Tegeler: „Jedes Projekt soll verstehen können, warum es abgelehnt wurde.“ Dazu wurde ein Katalog mit Kriterien erstellt, für die für jedes Projekt Punkte vergeben werden. Darunter falle etwa der Grad des Bedarfs und Problemlösung, die Nachhaltigkeit und Umsetzbarkeit des Projekts und wie stark die Überzeugungskraft in der Community ist. „Wir werden sehen, welche Projekte sich bewerben, wie die Community reagiert und wie die Stimmverteilung aussieht. Wir lernen immer noch dazu“, betont Daniel Kroll im Schlusswort.

Du hast ein soziales Projekt auf die Beine gestellt und suchst eine Förderung? Erfahre mehr auf der Website von aidFIVE: https://www.aidfive.org

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